Sehnsucht, Ungeduld & Wachstumsstress

Alles beginnt mit Sehnsucht

 

(Nelly Sachs)

 

Irgendwann in den letzten Monaten wurde unsere Sehnsucht nach Leben von den ersten kräftigen Sonnenstrahlen wieder wachgekitzelt und lockte uns aus unseren inneren und äußeren Winterquartieren. Eng um umschlungen, Arm in Arm mit ihrer Freundin der Hoffnung, kam sie lachend um die Häuserecken, schaute durch die ersten grünen Blätter keck zu uns und fragte, ob wir mit nach draußen zum spielen kommen. Manche haben früh ja gesagt, manche brauchen noch etwas Zeit, bis sie bereit waren. Manchen geht es alles gar nicht schnell genug. Die Ideen, Energien und Schöpferkraft sprudeln nur so, aber der Lauf der Dinge ist durchaus behäbig und hat für alles die richtige Zeit vorgesehen. Vielleicht ist Ungeduld gar nicht so schlecht wie ihr Ruf? Immerhin ist doch auch ganz viel Freude und Feuer in ihr, von dem wir uns nur nicht ganz verzehren lassen sollten, denn das Leben fängt jetzt gerade erst wieder richtig an in diesen hellgrünen Tagen und wir brauchen das Feuer noch ein wenig.

 

„Ales neu macht der Mai“ ist ein altes deutsches Volkslied. Und ja, viele, auch ich, erleben im Moment eine besondere Erneuerung. Das kann herrlich befreiend bis erlösend sein, aber durchaus auch zäh und schmerzhaft. Der Mensch ist ein Teil der Natur und damit auch des Wandels im Jahreskreis. Es ist die Zeit der Blüte, der Kraft, Schönheit und Freude. Die eine oder andere Grenze wird gesprengt: Vögel schlüpfen durchaus mühsam aus Eiern, manche fallen aus dem Nest. Knospen springen zuversichtlich auf- was ein Wagnis ist, da es im Mai immer noch nachts frieren kann und sterben einen frühen Tod. Fehlzündungen, Verirrungen und Missverständnisse gehören zum natürlichen Wachstumsprozess aller Lebewesen. Ich sehe in der Natur keinen Widerstand, nur ein fließen, ein gehen mit dem Lauf der Dinge. Wie ist das bei uns? 

 

Vielleicht gehörst du auch zu denen, die gerade Wachstumsstress in irgendeiner Form erleben. Alles wächst und gedeiht so prächtig, die Mitmenschen sind quietschvergnügt und optimistisch, nur bei dir will der Frühling einfach nicht richtig ankommen. Du denkst, du müsstest doch jetzt auch mal glücklich sein. Der blaue Himmel, die Vögel, die Blumen- alles so schön und lebendig- nur in dir, da sieht es anders aus. Es wird wenig darüber gesprochen aber ich weiß aus sicheren Quellen (u.A. eigene Erfahrung 😉), dass der Frühling und Sommer manche Menschen stresst bis unglücklich werden lässt.

 

Wenn du willst, schau dir genau diesen Schmerz an. Er ist ein Teil der Sehnsucht nach Leben. Nimm ihn an. Lass ihn zu. Verändere nichts. Gib dir Zeit! Alles hat seine Zeit und seinen Platz. Und wenn du möchtest, setzte ich mich dabei einen Augenblick zu dir und wir schauen uns das mal genauer an. Ohne neoliberalen, menschengemachten Wachstumsstress im Sinne von höher, schneller, weiter- versprochen!

 

 

Diese Sehnsucht

 

Suche und manchmal auch Sucht.

Ein sehnendes Suchen,

überall da draußen.

Aus einem leisen Schmerz geboren.

Sie führt spiralig,

in das stille ewige Zentrum,

immer.

Jedoch nur scheinbar hinab,

es ist mehr ein hinauf.

Oder auch tiefer hinein,

in das Ewige,

den Urgrund,

der die Spirale nährt und trägt.

Der jede Sehnsucht in der Tiefe stillt,

alles beruhigt und hält.

In Liebe.

 

© Monika Behling

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