Kopf- und Herzgeburten- wie ich zur Gazelle wurde

 

 

Als Coachin unterstütze ich Menschen bekanntlich darin, Ziele zu erreichen und sich besser zu fühlen. Die Reihenfolge ist übrigens umgekehrt: erst besser fühlen, dann werden Ziele/neue gewünschte Zustände erreicht. Aber darum geht es heute nicht.

 

 

 

Ich möchte dir von meiner Laufpraxis erzählen und was ich durch Sport über mich selber und meine Limitierungen gelernt habe.

 

 

 

Vor einigen Jahren zog ich einen anderen Stadtteil und hatte plötzlich kein Sportstudio mehr um die Ecke. Da ich mich schon immer gerne bewegt habe, überlegte ich hin und her und kam dann schließlich eben durch überlegen auf die Idee, joggen zu gehen. Das machen doch irgendwie alle, da muss ja was dran sein. Diese reine Kopfgeburt lehrte mich im Folgenden, wie ich NICHT zum Erfolg (=Wohlsein) komme. Ich lief also los. Völlig unvorbereitet was Ausdauersport anbelangt, zu dick angezogen, viel zu schnell, falsch atmend. Nach 10 Minuten war ich schweißgebadet und hatte Schnappatmung. Ich war zutiefst frustriert. Kurz darauf stellten sich auch noch starke Spannungskopfschmerzen ein und am Folgetag heftiger Muskelkater. Ich probierte es noch zweimal, änderte jedoch nichts an meiner Vorgehensweise und es endete natürlich immer gleich. Was war also passiert? Ich lief ohne jede Freude und völlig verkrampft. Ich machte alles falsch, was man falsch machen kann und erhielt die Quittung dafür. Wie können andere bloß eine Stunde um die Alster laufen? Mit mir stimmt wohl was nicht, ich bin zu schwach. Uralte Schulsporterinnerungen kamen nochmal hoch. Ich beließ es dabei und fand etwas anderes, was mir wirklich Spaß machte und leichter ging (schwimmen).

 

 

 

Dann begannen auf einmal die Träume. Ich träumte immer häufiger, dass ich einer Gazelle gleich durch den Wald trabte, völlig im Einklang mit mir und der Natur. Schmerzfrei und voller Freude und Leichtigkeit. Ich liebte diese Träume, in denen ich mich herrlich frei und kraftvoll fühlte. Beim Schwimmtraining erzählte ich einer Frau davon, die Marathon läuft. Sie sagte nur trocken: "Das ist ein Zeichen. LAUF!". Ich hatte natürlich auch schon daran gedacht, mich dann aber an meine negativen Erfahrungen von damals erinnert. Sofort kam die Überzeugung "aber ich kann einfach nicht laufen". Eine leise Stimme in der Herzgegend antwortete jedoch: "du kannst es lernen. Bis vor kurzem konntest du auch keine X Bahnen kraulen. LAUF. "

 

 

 

Diesmal ging ich es ganz anders an. Mit Enthusiasmus und Zuversicht. Ich besorgte mir ein Buch (Lauftraining für Frauen) und anständige Klamotten. Ich begann sachte und mit einer ganz anderen inneren Haltung. Über Wochen steigerte ich meine Laufintervalle zwischen den Gehpausen und ich erinnere mich noch heute daran, wie stolz ich war, als ich die ersten 20 Minuten am Stück lief. Die Pulsuhr war nur einmal mit dabei. Von dem Brustgurt bekam ich Ausschlag. Mein Körper hatte da eine klare Meinung zu: "höre selbst auf dein Herz". Ich brauchte kein Feedback mehr von außen, ich spürte meinen Körper und seine Grenzen durch die Meditationserfahrungen inzwischen sehr viel besser. Das war vor etwa 5 Jahren. Seitdem ist meine Laufliebe immer noch vorhanden. Ich stehe sogar freiwillig um 5:30 Uhr auf, um vor der Arbeit in der Natur zu laufen und den Vögeln bei ihrem Morgenkonzert zuzuhören. Es geht mir nicht um Gewichtsreduktion, nicht einmal primär um meine Gesundheit. Sondern einzig allein um mein Wohlsein, was mich dabei und danach stets durchströmt. Dieses Wohlsein führt jedoch geradewegs in Gesundheit, nur mal so nebenbei.

 

Nun habe ich kürzlich erneut durch das Laufen etwas über mich gelernt. Seit 5 Jahren laufe ich auf dem gleichen Niveau, immer um die 40 Minuten, im selben eher langsamen Tempo. Dann kam mein 11 jähriger Sohn mit und rannte mir schier davon. Um ihn nicht im Wald zu verlieren, musste ich schneller laufen als sonst. Und stellte fest: hey, das geht ja super. Ich hatte mir meine Grenzen zu eng gesteckt.

 

 

 

Dadurch, dass ich also schneller als sonst lief, war ich viel eher am Ende meiner üblichen Strecke angekommen und jedes Mal enttäuscht, dass ich schon umkehren musste. Bis mein Herz mal wieder wisperte: LAUF WEITER. Mein Kopf sagte gleich: nein, das schaffe ich nicht, ich werde zusammenbrechen, wieder Kopfweh bekommen und fürchterlichen Muskelkater. Ich strich meinem Kopf innerlich beruhigend über den selbigen und lief entspannt weiter. Und lief, und lief und lief. Plötzlich waren 60 Minuten um. Und nichts von all dem, was mein Kopf mir weiß machen wollte, trat ein. Ich fühlte mich großartig, auch am nächsten Tag. Ich hatte ganz organisch eine nächste Stufe erreicht, von innen nach außen. Das ich nicht eher darauf gekommen bin, die Strecke zu verlängern, lag an den Grenzen in meinem Kopf und der Macht der Gewohnheit. Bis der Zeitpunkt gekommen war, den nächsten Schritt zu machen und freudig über eine selbst gemachte Grenze zu gehen. So lange und weit, wie es sich gut anfühlt. Und es fühlt sich sehr gut an. Für manch einen sind 60 Minuten ein lächerlicher Klacks. Mein Sohn läuft immer noch wie eine Rakete voraus. Ich werde sowohl beim Schwimmen als auch beim Laufen von Kindern und Rentnern überholt. Und kann darüber inzwischen lachen. Es geht darum, im Einklang mit dem Herzen Schritte ins Neue, Unbekannte zu machen. Der Freude zu folgen, denn die kennt den Weg nach Hause, in unser wahres Selbst und seine Möglichkeiten.

 

 

 

 

 

Wie oft stecken wir in alten Gewohnheiten fest, die früher mal sinnvoll waren, jetzt jedoch nicht mehr passen?

 

Wie oft schießen uns limitierende Glaubenssätze quer und halten uns davon ab, über unser begrenztes kleines Selbst hinaus zu wachsen?

 

 

 

Wie fühlt es sich stattdessen an, aus dem Herzen heraus zu leben und wachsen?

 

Wie fühlt es sich an, sich Leichtigkeit und  Flow zu erlauben und der Freude und inneren Führung zu folgen?Jetzt?

 

 

 

Ich habe so viel über mich durch das Lauftraining lernen dürfen. Als nächstes werde ich mich auf dem SUP Board mit dem Thema Gleichgewicht/Stabilität, der Angst zu fallen (baden zu gehen) und der Blamage befassen. :) Seit einiger Zeit sind da wieder so Träume. Ich auf der Alster. Frei und kraftvoll paddelnd, im Flow. Ich erhöre diesen Ruf und ich weiß inzwischen, dass es klug ist, ihm zu folgen.

 

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