The river is flowing, flowing and growing

Bild: KeYang auf Pixabay
Bild: KeYang auf Pixabay

The river is flowing, flowing and growing

Mir fällt es schwer Entscheidungen zu treffen. Ich hadere oft und versuche alle Eventualitäten durchzudenken und zu analysieren. Nun stand eine wichtige Entscheidung für mich im Raum und Monika schlug mir einen Schwellengang im Wald vor. Bei unserem nächsten Treffen trafen wir uns deshalb im Raakmoor bei Langhorn. Ich hatte schon von dem Konzept des Schwellengangs gehört. Man stellt sich eine Frage, mit der man über eine selbstgewählte Schwelle in den Wald hinein tritt. Während des Schwellengangs geht man in Kontakt mit den Bäumen, den Pflanzen und den Tieren immer mit derselben Frage im Hinterkopf bis man schließlich über eine Schwelle den Gang beendet. 

 

Zunächst feilte ich mit Monika an der Frage. Die Qualität der Frage ist wichtig, denn sie bestimmt die tiefe der Erkenntnisse des Schwellengangs. Mein erster Impuls war: „Für welche Option soll ich mich Entscheiden, A oder B?“ Nach ein wenig Reflexion entschied ich mich allerdings tiefer zu gehen und zu fragen: „Was brauche ich um mich mit meinen Entscheidungen wohl zu fühlen?“ Das fühlte sich dann stimmiger an. Ich erinnere mich nicht mehr an den genauen Ablauf, doch ich weiß noch, dass ich meine Sinne schärfte und langsam auf dem Waldweg in den Wald hineinging. Ich ließ zu mit meinen Sinnen dem zu Folgen was mich interessierte was mich berührte. Monika hielt sich im Hintergrund auf und erinnerte mich ab und zu an meine Ursprungsfrage.

 

Zur Nachbereitung schickte mir Monika einige Fragen per Email. Monika dachte, dass die Antworten eventuell auch hilfreich für andere Menschen sein könnten und deshalb teile ich sie hier:

  

  • Wäre dein Schwellengang ein Film/Buch/Märchen...Welchen Titel würdest du ihm geben?

 

Zwei Spatzen tanzen um einen Baum: Entscheidungen treffe ich alleine in der Natur, wenn ich bei mir angekommen bin und sich in mir ein stimmiges Gefühl entwickelt hat. Eine Entscheidung wird umso kräftiger, wenn ich sie mitteile und von Freunden bezeugen lasse.

 

  • In welche Unterkapitel würdest du ihn einteilen? Wie heißen diese jeweils? Kannst du einen oder mehrere roten Fäden, Rhythmen oder Strukturen erkennen?

 

Das Leben ist ein Fluss: Es teilt sich in viele Gabeln und alle fließen zurück ins Meer. Jede Entscheidung kann revidiert werden, nichts ist endgültig, und vor allem gibt es keine richtige oder falsche Entscheidung. Entscheidungen sind wichtig, denn sie helfen mir aktiv meinen Weg zu gehen. Wenn ich nicht aktiv entscheide, dann tun es andere für mich. Entscheiden heißt Verantwortung für sich zu übernehmen. Niemand hat die Macht über die Richtigkeit oder die Falschheit meiner Entscheidungen zu richten, weil es meine sind. 

 

  • Welche markanten Bilder und Symbole kamen in ihm vor? Und welche Bedeutung haben sie für dich?

 

Alles fühlt. Was bewegt mich im innersten? Aus welchem Grund entscheide ich mich? Entscheide ich mich aus mir, entscheide ich mich wegen anderen? Entscheide ich mich dafür erfüllter und glücklicher zu werden? Entscheide ich mich dafür dem zu folgen was gerade für mich ansteht? Entscheide ich mich dafür wovon ich überzeugt bin was richtig ist, was meine derzeitige Wahrheit ist? Entscheide ich mich um jemand zu gefallen? Entscheide ich um bequemer zu werden?

 

  • Was hattest du für Körperwahrnehmungen und Gefühle?

 

Menschsein ist ein Tanz: Ich bewege mich an den Grenzen, an den Grenzen meines Standpunktes, des Kontaktes zu anderen Menschen. Ich finde Inspiration in verschiedenen Themen und empfinde es als einengend mich ausschließlich mit einer Sache zu beschäftigen. In dieser Vielzahl finde ich Sicherheit. Ich erinnere mich an ein gutes Gefühl, als das kleine Ästchen runtergefallen ist und ich die Assoziation hatte, dass ich die Krücke weglegen darf, die mich gestützt hat. Das bedeutet innerlich, dass ich mich nicht mehr so auf all das schwere und negative fokussieren muss, sondern auch meinen Wünschen und Sehnsüchten folgen darf. Und dann hatte ich auch ein schönes Gefühl bei dem Tanz der Vögel, dass ich es nicht alleine schaffen muss, dass ich nicht auf mich allein gestellt bin, sondern mit jemandem zusammen sein kann. 

 

  • Welchen Gaben/Schätze hast du empfangen, die du mitnehmen möchtest? Das könne Sätze, Gefühle, Gedanken, Gegenstände, Ideen und Inspirationen sein.

 

Das Gesetz des Ausgleichs: Bei meinen Entscheidungen darf ich gleichermaßen auf das Allgemeinwohl und mein eigenes Wohl Rücksicht nehmen. Ich brauche mich weder vollkommen aufzuopfern, noch sollte ich nur nach meinem Vorteil streben. Erfüllung entsteht für mich daraus einem höherem Ziel zu dienen und mir gleichzeitig zu erlauben auch damit ausreichend Geld zu verdienen.

 

Markante Bilder und Symbole: Flüsse sind nicht gradlinig, haben Kurven und Abzweigungen, fließen auch mal wieder in die andere Richtung weg vom Meer um dann wieder ihre Richtung zu ändern, gabeln sich und doch fließen alle ins Meer. Ein stimmiges Gefühl entsteht aus meiner Mitte heraus und doch gleichzeitig im stetigen Austausch mit Anderen. Alles hängt mit allem zusammen und alles strebt nach Gleichgewicht. 

 

  • Was hat dich überrascht, was war ganz neu?

 

Dass ich gar nicht wirklich im Krückenbereich arbeiten möchten, also in einem therapeutischen Beruf. Aber so ganz ist es das noch nicht, ich weiß nicht, ich hadere damit noch. 

 

  • Welche Schlüsse ziehst du zu deiner Fragestellung aus dem Schwellengang? 

 

Um mich mit meinen Entscheidungen wohl zu fühlen braucht es von mir die Gewissheit, dass keine endgültige Entscheidung über mein ganzes Leben treffe sondern immer nur für einen Abschnitt. 

 

Für mich war es sehr hilfreich den Schwellengang mit Monika zusammen zu machen. Sie hielt den Fokus hoch und ihre Anwesenheit zwang mich, mich immer wieder auf mein Thema zu konzentrieren und nicht gedanklich abzudriften. Auch ihre Nachfragen halfen mir oft etwas klarer zu sehen oder schenkten mir eine neue Perspektive. Monikas Gespür mein Eigenes herauszuarbeiten, ohne mich in eine Richtung drängen zu wollen, hat mich sehr unterstützt. Ich denke zukünftig kann ich nun mit dieser Erfahrung auch alleine einen Schwellengang machen. 

 

Vor kurzem ist, während meiner Ausbildung in Wildnis Pädagogik, ein Lied zu mir gekommen, dass mich fortan an die Erkenntnisse dieses Schwellengangs erinnert: 

 

The river is flowing, flowing and growing

The river is flowing, back to the sea

Mother Earth is caring me, her child I will always be

Mother Earth is caring me, back to the sea.

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